Die falsche Party

Falsches Stockwerk

Eines Abends lag ich bereits früh im Bett, aber zwei Stockwerke oberhalb tobte eine wilde Party, die sich zeitweise sogar bis auf den Balkon ausweitete.
Das hatte selbst mich ziemlich genervt.
Trotzdem schlief ich irgendwann ein – bis das Telefon klingelte.

Die Frau aus der Wohnung über mir teilte mir mit, dass ich leiser zu sein hätte.
„Ja, von mir aus!“, war meine Antwort – und Auflegen ihre Reaktion.
Dann schlief ich wieder ein.

Nur kurze Zeit später klingelte das Telefon erneut, diesmal war die Polizei am Apparat.
Auch die bestand darauf, dass ich leiser zu sein hätte.
„Ja, klar, sehr gerne“, sagte ich – und legte wieder auf.

Die Party oben nahm weiter Fahrt auf.
Zwischendurch schienen sie Sackhüpfen zu veranstalten, einen Circle Pit oder vielleicht Sumoringen – genau konnte ich das nicht bestimmen.
Jedenfalls rumpelte es immer wieder mächtig.
Ich war müde, also schlief ich trotz allem bald wieder friedlich ein.

Dann klingelte es an der Tür.
Ehrlich gesagt hatte ich keine Lust mehr, denn es war bereits nach Mitternacht.
Nach ein paar Minuten Sturmgeläut ging ich trotzdem hin.
Über die Sprechanlage schnarrte es:
„Polizei! Aufmachen!“

Meine kurze Antwort:
„Sehr witzig. Diese Klingelstreiche habe ich als Kind auch gemacht.
Ich lache morgen früh. Kann ja jeder sagen!“
Ich drückte den Türöffner natürlich nicht und ging wieder ins Bett.

Irgendwie hatten sie es dann doch geschafft, ins Haus zu kommen.
Kurz darauf folgten weiteres Sturmgeläut und lautes Geboller an der Tür.
Die Party oben fiel dagegen lautstärkemäßig fast ab.

Ich machte schließlich auf.
Dass hinter mir eine stockfinstere Wohnung lag, keine Anzeichen von Gästen zu sehen waren und ich verschlafen in Unterhose dastand, irritierte die beiden Beamten in keiner Weise.

„Polizei!“ – (Warum er das sagte, war mir schleierhaft, die beiden trugen Uniform.)
„Sie müssen ruhiger sein!“

„Klar, Chef. Geht in Ordnung. Nacht zusammen.“
Ich schloss die Tür und ging Richtung Bett.

Wieder klopften sie.
Offenbar hatten sie ihren Standpunkt noch nicht ausreichend verdeutlicht.
Ich war inzwischen allerdings ziemlich genervt.

„Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass wir Anzeige erstatten, wenn das weitergeht.“

Mir platzte der Kragen.
Ich duzte den Polizisten:
„Du, ich würde dich ja zum Bier einladen, aber ich hab gerade keines da.
Wie wär’s mit morgen Abend um acht? Ich besorge ’nen Kasten.“

Dabei legte ich ihm den Arm um die Schulter.
Zwei Stockwerke höher begann jemand, im Treppenhaus zu singen.
Dem zweiten Beamten schien langsam ein Licht aufzugehen – er versuchte, seinen Kollegen darauf aufmerksam zu machen.

Der hatte sich jedoch auf mich eingeschossen und brabbelte etwas von Anzeige wegen Beamtenbeleidigung.
Der Gesang oben wurde inzwischen zum Duett.

„Du klingelst mich hier mitten in der Nacht aus dem Bett – da kannst du nicht viel Höflichkeit erwarten!“

Jetzt sangen sie oben im Chor, mehrstimmig, und kommentierten begeistert die beeindruckende Akustik im Treppenhaus.

Die beiden Beamten verabschiedeten sich schließlich mit der Ankündigung, dass ich von ihnen hören würde.
Ich rief noch hinterher, das sei nicht nötig – sie würden von mir hören.
Ich würde mich beschweren.

Kurze Zeit später war Ruhe im Haus, und ich konnte endlich schlafen.

Am nächsten Morgen fiel mir das alles wieder ein, aber ich dachte, ich hätte nur geträumt.

Doch die Polizei belehrte mich eines Besseren:
Wieder klingelte das Telefon – und wieder gegen halb eins.
Man wollte sich entschuldigen, das Ganze am Vortag sei eine Verwechslung gewesen.

In jugendlicher Naivität fragte ich, warum man mich ausgerechnet um diese Zeit noch einmal anrief und schon wieder aus dem Bett klingelte.
Der Beamte erklärte, er habe gerade erst Dienstbeginn.
Na, danke.

„Kommst du noch vorbei?“, fragte ich.
„Ich hab einen Kasten Bier kaltgestellt.
Ich bin jetzt eh wach.“

„Treiben Sie es nicht zu weit!“, schnaufte er – und legte auf.
Zum Bier kam er übrigens nicht.