Bei Hausbesetzern
Plumpe Vorgehensweise
In den 1980ern war es große Mode, ganze Wohnblöcke spekulativ leer stehen zu lassen.
Ebenso war es in Mode, diese Wohnungen kurzerhand zu besetzen.
So geschah es auch in Karlsruhe.
Nach einiger Zeit war es den Besetzern sogar gelungen, eine Strom- und Wasserversorgung herzustellen.
Als kleines Manko erwies sich lediglich die fehlende Entwässerung –
das aber nur als Randnotiz, denn in dieser Geschichte spielte es keine Rolle.
Als Gegenpart zur Besetzerszene tauchten gern die Herren mit den windschnittigen Glatzen vor dem Haus auf,
um ihre braunen Parolen zu skandieren.
Meistens wurden sie einfach ignoriert, worauf sie ohne größeres Aufsehen wieder abzogen.
Je nach Laune ging man auch mal hinunter, um den werten Jungs ihre Kleidung ein wenig strammer zu ziehen.
Irgendetwas an solch einem Vorfall musste das Missfallen des örtlichen Establishments erregt haben,
denn einige Zeit, nachdem die Stiefeltruppe abgezogen war, erschien eine Polizeistreife.
Die beiden Beamten liefen als erste Maßnahme dienstbeflissen im dunklen Hof auf und ab
und leuchteten mit einer Taschenlampe in die Ecken.
Als sich jedoch keinerlei Anzeichen von Ruhestörung oder sonstigem Lärm fanden,
kamen sie auf die glorreiche Idee, sich in ihr Auto zu setzen
und die dort montierte Lautsprechereinheit einzusetzen.
Ein leises Einschalt-Klack, dann Verstärkerrauschen.
Jemand pustete ins Mikrofon.
„Eins, zwei, Test, Test… Hier spricht die Polizei!
Wir ermitteln wegen Ruhestörung.
Wir bitten Sie, weiteren Lärm zu unterlassen.“
Das konnten wir nicht unkommentiert lassen.
Ich öffnete das Fenster und rief hinunter:
„Es ist gleich 24 Uhr, hier sind Kinder, die schlafen!“
Darauf quäkte es postwendend aus dem Hof, megaphonverstärkt:
„Dann sorgen Sie für Ruhe!“
„Die einzigen, die Krach machen, sind Sie!“
Kurze Denkpause unten.
Offenbar dämmerte den beiden allmählich Sinn und Unsinn ihrer Aktion.
Mittlerweile gingen gegenüber beim Establishment Lichter an,
einige Rollläden wurden geöffnet.
Ganz unkommentiert konnten die beiden Polizisten wohl nicht aus der Situation heraus:
„Halten Sie bitte die Nachtruhe ein, sonst kommen wir wieder!“
Meine Bemerkung
„Dann seien Sie so nett und klingeln Sie diesmal direkt im zweiten Stock,
damit die Kinder unten schlafen können!“
hörten sie schon nicht mehr,
weil sie bereits aus dem Hof fuhren.
Ein dicker Mann im weißen Unterhemd und in Jogginghose
stand auf einem gegenüberliegenden Balkon,
kratzte sich erst bedächtig am Bauch, dann am Kopf,
wünschte mir noch eine gute Nacht
und verschwand in seinem Wohnzimmer.
